Warum RAM plötzlich so teuer wird und welche Rolle der KI-Boom und NVIDIA spielen
Chris //
Als ich am 30. Oktober 2024 für mein Kingston Fury DDR5-6400 Kit noch 213 Euro bezahlt habe, war das ein absolut normaler Preis. Damals wirkte der RAM-Markt stabil und auf einem Niveau, das man fast schon als selbstverständlich wahrgenommen hat. Wenn man heute auf die Zahlen schaut, fällt allerdings sofort auf, dass sich der Preis mehr als verdoppelt hat. Diese Entwicklung ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer globalen Verschiebung, bei der der KI-Boom und besonders NVIDIA eine zentrale Rolle spielen.
Um zu verstehen, warum RAM heute so teuer geworden ist, lohnt sich ein Blick zurück in die Corona-Zeit. In den Jahren 2020 bis 2022 war der Markt in einer völlig anderen Situation. Nach einem kurzen Ansturm zu Beginn der Pandemie brach die Nachfrage deutlich ein. Hersteller hatten riesige Lagerbestände, die Produktion lief jedoch weiter und übertraf den Bedarf. RAM gab es damals im Überfluss und oft zu Preisen, die aus heutiger Sicht fast unwirklich erscheinen. DDR4-Kits mit 32 Gigabyte waren zeitweise für weniger als siebzig Euro zu bekommen und selbst die frühen DDR5-Modelle starteten günstiger als erwartet. Diese Phase war ein Extrem nach unten und sie hat viele Nutzer daran gewöhnt, dass Speicher einfach immer billig sein müsste.
Nach dem Ende der Pandemie änderte sich die Lage schleichend. Der PC-Markt stabilisierte sich nicht in dem Umfang, den die Hersteller erhofft hatten. Um nicht erneut auf vollen Lagerhallen sitzenzubleiben, wurde die Produktion vorsichtig gedrosselt. Bereits zu diesem Zeitpunkt gingen die Preise spürbar nach oben, allerdings noch moderat und weit entfernt von dem, was uns heute erwartet.
Die eigentliche Wende kam erst mit dem explosionsartigen Wachstum des KI-Marktes. NVIDIA hat mit den H100- und H200-Beschleunigern sowie den kommenden Blackwell-Systemen eine Nachfrage ausgelöst, die es in dieser Form bisher nicht gegeben hat. Diese GPUs sind das Herz moderner KI-Rechenzentren und sie benötigen enorme Mengen an Speicher. Besonders der HBM-Speicher, der direkt auf dem Chip sitzt, ist so gefragt wie nie zuvor. Das Problem daran ist, dass HBM aus denselben DRAM-Rohmaterialien hergestellt wird wie ganz normaler Desktop-RAM. Da die Produktion jedoch nicht beliebig gesteigert werden kann, priorisieren Hersteller wie Samsung, SK Hynix und Micron inzwischen vor allem den HBM-Markt, weil er deutlich profitabler ist. Für klassischen DDR-Speicher bleiben dadurch weniger Ressourcen übrig.
Parallel dazu zeigt sich, wie angespannt der Markt inzwischen geworden ist. Der erste Hersteller hat bereits aufgegeben. JMicron stellt keine SSDs und keinen RAM mehr unter der eigenen Marke Crucial her. Dieser Schritt macht deutlich, wie stark der Wettbewerb um Speicherchips geworden ist und wie schwer es kleinere oder spezialisierte Anbieter haben, sich in einem Markt zu behaupten, der inzwischen fast vollständig von KI Infrastruktur und Rechenzentren dominiert wird.1
NVIDIA ist in dieser Entwicklung zum indirekten Preistreiber geworden. Die KI-Industrie verschlingt derzeit mehr Speicherchips als der gesamte PC-Markt. Große Rechenzentren bestellen nicht nur einzelne GPUs, sondern komplette Cluster, häufig mit vielen tausend Beschleunigern. Jedes dieser Systeme benötigt mehrere Hundert Gigabyte Hochleistungsspeicher. Die Folgen spüren am Ende die Nutzer zu Hause, denn sobald die DRAM-Kapazitäten knapp werden, steigen die Preise für alle Produkte, die darauf basieren. Genau das passiert aktuell: HBM zieht die Produktionslinien an sich, DDR5 wird knapp und die wenigen verfügbaren Kits werden deutlich teurer angeboten.
Besonders interessant ist dieser Trend im Vergleich mit der Corona-Zeit. Während damals Überproduktion und schwache Nachfrage die Preise nach unten gedrückt haben, erleben wir heute die entgegengesetzte Extremsituation. KI-Modelle werden größer, NVIDIA setzt den Takt und die Hersteller denken gar nicht daran, wieder in Richtung Massenware zu optimieren. Für uns als Endnutzer bedeutet das, dass der günstige RAM der Corona-Jahre eigentlich ein Ausrutscher war und nicht die Regel.
Während DDR5 immer teurer wird, kündigt sich gleichzeitig bereits die nächste Generation an. DDR6 soll in den kommenden Jahren mit deutlich höheren Taktraten und komplett neuer Architektur erscheinen. Erste Spezifikationen sprechen von Bandbreiten, die weit über dem liegen, was heutige Systeme erreichen können. Allerdings wird auch hier die Einführung dem gleichen Muster folgen wie bei DDR5. Zunächst werden KI-Systeme und Server vom neuen Standard profitieren, denn dort erzielen die Hersteller die höchsten Margen. Private Desktop-PCs werden DDR6 erst deutlich später sehen und auch hier wird der Preis am Anfang hoch sein. Eine schnelle Entspannung ist dadurch kaum zu erwarten.
Am Ende zeigt der Vergleich zwischen Corona-Zeit und KI-Ära, wie stark sich der Markt in wenigen Jahren verändert hat. Früher war RAM billig, weil niemand ihn wollte. Heute ist er teuer, weil NVIDIA und die gesamte KI-Industrie alles kaufen, was produziert wird. Für Verbraucher ist das frustrierend, aber aus Sicht der Hersteller ein logischer Schritt. Solange KI weiter wächst, wird Speicher wertvoll bleiben. Der niedrige Preis der Vergangenheit war ein kurzer Moment in einer Ausnahmesituation. Die Gegenwart orientiert sich an einer völlig neuen Realität und die Preise spiegeln genau das wider.
Fazit: Corona war ein Ausrutscher nach unten - KI ist der neue Normalzustand
Wenn man die Corona-Jahre mit heute vergleicht, wirkt es fast absurd:
- Damals: Überproduktion, niedrige Preise, kaum Nachfrage
- Heute: KI-Boom, NVIDIA dominiert, HBM frisst alles
- Ergebnis: RAM ist so teuer wie seit 10 Jahren nicht mehr
Und solange der KI-Markt wächst, wird RAM auch weiterhin teuer bleiben. Unabhängig davon, ob DDR5 oder DDR6 im Einsatz ist.
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Speicher-Apokalypse: Micron gibt Consumer-Markt auf, Ende von Crucial https://winfuture.de/news,155362.html ↩